Die österreichische Partei 'Vaterländische Front'




Nach dem ersten Weltkrieg versuchen Anhänger der sowjetischen Revolution auch in Österreich eine kommunistische Räteregierung zu etablieren. Das stieß auf erbitterten Widerstand der christlich geprägten Bürgerschaft.
Folge dieser starken Polarisierung der österreichischen Innenpolitik ist eine politische Spaltung Österreichs, die vor allem durch die sozialdemokratische und die christlich-soziale Bewegung dominiert wird und die mehr und mehr militanten Chrarakter annimmt.
In der letzten demokratischen Wahl vor Ende des 2. Weltkriegs geht die Sozialdemokratische Partei am 9. November 1930 zwar als Wahlsieger hervor, unterliegt bei der Regierungsbildung allerdings einem rechten Bündnis aus Christlich-Sozialer Partei, Wirtschaftspartei und Landesbund. Neuer Bundeskanzler wird Otto Ender. Bereits am 20. Juni 1931 zwingt die auf Österreich übergreifende Wirtschaftskrise Ender zum Rücktritt. Nur Kreditzusagen Frankreichs hätten die Krise beheben können. Frankreich weigert sich allerdings einen Kredit zu gewähren, so lange Österreich weiter eine europäische Zollunion unter Einbeziehung Deutschlands verfolgt. Karl Buresch übernimmt daraufhin die Regierungsgeschäfte und bildet am 29. Februar 1932 ein neues Kabinett. Auch das kann sich nicht lange an der Regierung halten. Am 6. Mai 1932 tritt Karl Buresch als Bundeskanzler zurück. Am 20. Mai 1932 wird Engelbert Dollfuß neuer österreichischer Bundeskanzler und baut seine Macht systematisch aus. Dabei orientiert er sich stark am Italienischen Faschismus Mussolinis, aber auch am Programm der NSDAP Deutschlands. Dennoch verbietet er am 19. Juni 1933 die NSDAP in Österreich, um die, seit dem 30. Januar 1933 durch die Machtergreifung der NSDAP in Deutschland, stark wachsende Anschlussbewegung zu unterbinden.

Mitgliedskarte Vaterländische Front Österreich  Mitgliedskarte Vaterländische Front
Mitgliedskarte der Vaterländischen Front vom 17. Juni 1933





Die Parolen der Mitgliedskarte der Vaterländischen Front sind:
Bekenne Dich stets und überall als Österreicher!

Wirb unablässig für die Vaterländische Front!

'Heil Österreich sei Dein Gruß'
Trage mit Stolz Dein Abzeichen
rot-weiß-rot, es sind Österreichs
Farben'
Dein Bruder, Deine Schwester,
Deine Eltern, Deine Verwandten,
Deine Freunde, Deine Bekannten,
sind sie schon Mitglieder der Vater-
ländischen Front?
Alle heimattreuen Österreicher
müssen den unzerreißbaren Schutz-
damm bilden, gegen den alle Feinde
unseres Vaterlandes machtlos sind.

Österreich über alles,
wenn es will!

Der Versuch Dollfuß, die konkurrierenden Parteien des linken und rechten Lagers zu entwaffnen mündet im Februar 1934 in bürgerkriegsähnlichen Zuständen, die zu 297 Gefallenen und 802 Verwundeten und mehr als 3000 Verhaftungen führen.

Daraufhin wird am 30. April 1934 von der Regierung Dollfuß eine neue österreichische Verfassung durchgesetzt, die folgende neuen Regelungen beinhaltet:
Alle Parteien werden offziell aufgelöst und an deren Stelle tritt am 3. Mai 1934 die bereits zuvor gegründete 'Vaterländische Front' , in der Mitglieder der aufgelösten Christlich-Sozialen Partei - die Partei Dollfuß - die Spitzenpositionen übernehmen.
Der Bundespräsident wird nicht mehr vom Volk selbst bestimmt, sondern von den Bürgermeistern (, die systemkonform nur aus den Reihen der Vaterländischen Front stammen können, da andere Parteien ja nicht mehr zulässig sind und so nicht gewählt werden können ).
Die Grundzüge der Politik orientieren sich an christlich (katholischen) Glaubensgrundsätzen.
Der Wille der Bevölkerung wird durch den Willen der Berufsstände repräsentiert.

Mit dieser Verfassung hat Österreich den Boden des demokratischen Rechtsstaates verlassen, was sich auch im neuen Namen ausdrückt. Statt Republik Österreich ist der neue Namen Bundesstaat Österreich.

Mitgliedskarte Vaterländische Front Österreich  Mitgliedskarte Vaterländische Front
Mitgliedskarte der Vaterländischen Front vom 07. Mai 1934. Ihr Statut spiegelt die neue Verfassung wider.



Die Parolen der Mitgliedskarte sind:
Bekenne Dich stets und
überall als Österreicher!

Wirb unablässig
für die Vaterländische Front!

Die V.F. ist berufen, die Trägerin
des österreichischen Staatsgedankens zu
sein. Ihr Ziel ist die politische Zusam-
menfassung aller Staatsangehörigen,
die auf dem Boden eines sebständigen,
christlichen, deutschen, berufsständisch

gegliederten Bundesstaat Österreich
stehen und sich dem Führer der V.F.
oder dem von diesem bestimmten Nach-
folger unterstellen. Jeder, der der V.F.
beitritt, bekennt sich damit zu ihren
politischen Zielen, erklärt, diese jederzeit
vertreten zu wollen und verpflichtet sich
bei seiner Ehre im besonderen:

1. Für Freiheit, Ehre und Ansehen
Österreichs einzutreten;

2. der Volksgemeinschaft zu dienen;

3. Heimattreue und Heimatliebe selbst
zu pflegen und bei anderen zu fördern;

4. Uneinigkeit und Hader beiseitezustellen;

5. keiner Vereinigung anzugehören, die
den Klassen- oder Kulturkampf will
oder deren Ziele sonst den Zielen der
V.F. widersprechen;

6. dem Führer unbedingte Treue und
Gehorsam zu leisten;

7. in Auftreten und Lebensführung der
Würde der vaterländischen Bewegung
zu entsprechen;

8. das Abzeichen der V.F. zu tragen
und zu schützen.

Am 25. Juli 1934 wird der österreichische Bundeskanzler Engelbert Dollfuß während eines Putsches von Nationalsozialisten ermordet. Daraufhin wird Kurt von Schuschnigg mit der österreichischen Regierung betraut, der damit auch 'Führer der Vaterländischen Front' wird.

Sterbebild Engelbert Dollfuß  Sterbebild Engelbert Dollfuß
Sterbebild des Österreichischen Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß



Mitgliedskarte Österr. Gewerbebund - Vaterländische Front Österreich  Mitgliedskarte Österr. Gewerbebund - Vaterländische Front
Mitgliedskarte des Österreichischen Gewerbebundes, einer Berufsorganisation der Vaterländischen Front, die die Mitgliedschaft in der Vaterländischen Front einschloß, 1935



Die Parolen der Mitgliedskarte des ÖGB von 1935 sind:
Bekenne Dich stets und überall als heimattreuer Österreicher!

Wirb unablässig für die Vaterländische Front!
und damit auch für Deine Berufsorganisation,
den Österreichischen Gewerbebund!

Der Österreichische Gewerbebund ist die Berufsorganisation der Vaterländischen Front
für die Gewerbetreibenden. Mitglieder des Gewerbebundes sind daher Mitglieder der
Vaterländischen Front. Diese Mitgliedskarte ist zugleich Mitgliedsausweis der Vater-
ländischen Front. Die Entrichtung der Beiträge für die Vaterländischen Front und für den
Gewerbebund wird durch Aufkleben der entsprechenden Zahlmarken auf dieser Karte
bescheinigt. - Beiträge sind demnach nur gegen Ausfolgung der Marken zu leisten.

"Österreich!"
sei Dein Gruß!
Trage mit Stolz Dein Abzeichen
rot-weiß-rot, es sind Österreichs
Farben!
Dein Bruder, Deine Schwester,
Deine Eltern, Deine Verwandten,
Deine Freunde, Deine Bekannten,
sind sie schon Mitglieder der Vater-
ländischen Front?
Alle heimattreuen Österreicher
müssen den unzerreißbaren Schutz-
damm bilden, gegen den alle Feinde
Österreich über alles,
wenn es will!

Mitgliedskarte Werk Neues Leben- Öffentlicher Dienst - Vaterländische Front Österreich  Mitgliedskarte Werk Neues Leben- Öffentlicher Dienst - Vaterländische Front Österreich
Mitgliedskarte des Werks 'Neues Leben, der Berufsorganisation des Öffentlichen Dienstes der Vaterländischen Front, die die Mitgliedschaft in der Vaterländischen Front einschloss



Folgende Bestimmungen befinden sich auf der Rückseite der Mitgliedskarte:

1. Vorweis der Mitgliedskarte. Die Mitglieds-
karte ist bei Inanspruchnahme aller Begün-
stigungen, ebenso wie bei Besuch aller
Veranstaltungen des V.F.-Werkes 'Neues
Leben' unaufgefordert vorzuweisen.

2. Dauer der Mitgliedschaft. Die Mitgliedskarte
ist für die Dauer des Dienstverhältnisses
gültig. Bei Lösung des Dienstverhältnisses
ist die Mitgliedskarte der Dienststelle zurück-
zustellen.

3. Mißbrauch. Jeder Mißbrauch dieser Mitglieds-
karte, wie beispielsweise Weitergabe dersel-
ben, oder der durch sie erlangten Begünsti-
gungen ist unzulässig und strafbar.

4. Wünsche und Beschwerden. Die Mitglieder
werden ersucht, eventuelle Wünsche der
Dienststelle der V.F. mitzuteilen.

5. Der Mitgliedsbeitrag wurde im Abzugswege
eingehoben.

Nachdem Adolf Hitler Kurt von Schuschnigg am 12. Februar 1938 während des 'Berchtesgadener Gesprächs' ultimativ aufforderte, bis zum 18. Februar eine Amnestierung aller inhaftierten österreichischen NSDAP Mitglieder zu erklären und diesen zukünftig freie politische Arbeit zu gewähren, sprach Schuschnigg nach weiterem Druck Hitlers am 24. Februar 1938 eine entsprechende Amnestie für österreichische NSDAP-Mitglieder aus, billigte ihnen allerdings eine weitere politische Tätigkeit nur insofern zu , dass sie aus der NSDAP aus- und in die Vaterländische Front eintreten. Diese, für die Nazis unakzeptable Forderung verschärfte die Differenzen zwischen Schuschnigg und Hitler und führte am 11. März 1938 zum Rücktritt Schuschniggs und dem sofort anschließenden Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Österreich.
Damit wurde die Existenz der Vaterländischen Front de facto am 12. März 1938 beendet.

© horst decker