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Feldpostbriefe von Paul Gränzer, Brandenburg, Kleine Gartenstr. 30 von der Russlandfront nach Hause zu der Mutter

Insbesondere die Briefe aus der Kriegszeit sind selbst für Personen, die viele handschriftliche Briefe in altertümlichen Schriften lesen, kaum entzifferbar, da sich oft innerhalb der Worte so große Lücken befinden, dass sie wie zwei Worte aussehen, zugleich sehen gleiche Buchstaben überwiegend nicht gleich aus, mitunter grundverschieden, weil neben Eigentümlichkeiten des Verfassers auch noch verschiedene Schriftarten zugleich verwendet wurden.
Worte, die nicht sicher entziffert werden konnten, sind daher kursiv geschrieben, völlig unlesbare Worte durch 3 Punkte ersetzt.




                      12.1.1944
Liebe Mutti Elsa und Horst,
ich habe Euren lieben Brief vom 7.1.45
mit vielem Dank erhalten. Mir geht
es noch gut, was ich auch von Euch noch
hoffe. Deinen vorigen Brief habe ich auch
erhalten. Habe leider noch keine Zeit
gehabt, ihn Euch zu beantworten.
Als ich Euren Brief vom 4. erhielt, merkte
ich sofort, ehe ich den Brief öffnete, an Deiner
Schrift, daß zu Hause etwas nicht in
Ordnung war. Als ich den Brief öffnete, fiel
mir sogleich das Bild heraus! Als ich las
was hinten drauf stand, wußte ich
sofort, was geschehen war. Ich war ja
tief erschüttert. Ich konnte es zu erst
gar nicht glauben. Heute mittag, mußte
ich zu unserem Kompanieführer kommen.
Alles da habe ich es zu sagen gewußt. Warum
habt ihr denn das wegen aus meiner
Kindheit geschrieben? Den Brief von
Heinz früren Einheitsführer könntet
ihr mir das auch gleich mitgeschickt

haben? Es tut mir ja außerordentlich leid,
daß ich nicht zu Hause sein kann.
Ich hatte nie einen Augenblick daran
gedacht, daß Heinz etwas passieren könnte.
Aber leider wollte Gott es anders. Du schreibst
liebe Mutti, ich sollte mich richtig ausweinen
Nein, liebe Mutti, ich habe nicht geweint.
Denn es sind ja sehr viele Kameraden unter
uns, die die gleiche Nachricht erhalten haben.
Und ich hab nicht einen gesehen, der geweint
hat. Warum sollte ich es also tun? Dafür
sind wir nun eben einmal Soldaten.
Ich kann mir vorstellen, daß Euch diese Nachricht
besonders schwer getroffen hat. Aber damit mußt
Du dich eben abfinden. Es sind ja so viele Mütter
die das gleiche Opfer haben bringen müssen.
Ich habe in der vergangenen Nacht einen sehr
schrecklichen Traum gehabt. Aber als ich aufwachte
stellte ich mit großer Erleichterung fest, daß ich
nur geträumt hatte. Möge Gott es, daß ich wieder
gesund zu Euch zurückkehren kann, für heut
will ich nun schließen. Seid also nochmals
                  recht herzlich gegrüßt
                  von Eurem Paul


© Horst Decker


   


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