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Brief von Ehefrau in Rüdersdorf (bei Berlin) an Luftwaffenleutnant bei der Segelfluggruppe Sbraslawitz bei Kuttenberg

Rüdersdorf, d. 5.1.1945


Mein geliebtes gutes Spätzchen!
Hab vielen herzlichen Dank für Deine lieben
Briefe vom 1. und 2. . Ich habe mich so
gefreut mein Spätzchen. Hast Du denn nun
inzwischen auch schon Post von mir be-
kommen? Wenn nicht, mach Dir keine
Sorgen, uns geht es gut. Wenn wir auch
gestern Abend zweimal in den Bunker
mußten und heute auch schon wieder ein-
mal. Doch wir werden wohl bald wieder gehen,
eben hat er wieder angesagt: über Nordwest-
Deutschland. Bis jetzt ist es aber immer
noch gut gegangen und wir wollen hoffen
das es so bleibt. Es ist gerade 21 Uhr durch.
Eigentlich soll ja unser Bengel schlafen
aber ich höre ihn immer noch erzählen.
Er ist so niedlich und so süß. Aber eines
hat er: einen Schallschen Dickkopf.
Doch den werde ich ihm später schon aus-
treiben. - Ja mein Spatz, ich glaube Dir

das Dir das alleinsein nicht gefällt. Glaub
mir, ich möchte doch so gerne bei Dir sein.
Ich hab doch solche Sehnsucht und hab
dich so lieb. Was würde ich darum geben um
bei Dir zu sein. Wenn es nur ginge. Wenn
Du es mir auch schon oft gesagt hast das Du
mich liebst, sag es mir ruhig immer
wieder mein Spatz. Ich höre es so gerne.
Immerzu möchte ich es hören und lesen.
Ich habe Dich doch auch so unendelich lieb.
Ja mein Spatz, ich will auch mehr für Dich
sein als nur Deine Frau, ich will alles für
Dich sein und Dich sehr sehr glücklich
machen. Ja, wann wird wohl die Zeit kommen
wo wir für immer zusammen sein können?
Ich stelle es mir unendlich schön vor.-
Eben habe ich ein Fläschchen zurecht ge-
macht denn die sind bald wieder leer. Es ist
furchbar wenn man den Kleinen immer
aus dem Schlaf nehmen muß. Es tut mir
immer so leid. Doch da kann man nichts
machen. - Da hast Du ja eine ganz schöne
Spazierfahrt mit Deinem 'Kocher' gemacht.
War das Blumenpflücken während der Fahrt

verboten? Aber ich wäre ganz gerne mit-
gefahren. - Ich war noch nicht beim Arzt, ich
gehe erst nächste Woche. Aber ganz bestimmt.
Es will aber auch garnicht heilen. Ist es denn
bei Euch so kalt mein Spatz? Hier geht es
eigentlich immer noch, es ist immer so um
0°. - Eben kommen wir aus dem Bunker, es
ist schon ein Kreuz. Nur ein Glück das wir
es nicht bumsen hören. Es ist jetzt genau
23.10 Uhr. Mein Spatz schläft sicher schon in
süßer Ruhe. Ach könnte ich es doch auch. -
Hab auch vielen Dank für die Lebensmittel -
karte. Du solltest sie doch selbst verbrau-
chen. Aber was kann man mit Dir Dickkopf
machen? - Heute war Herbert hier, er wollte
uns mal besuchen, er bekam einen alten
Mantel von Deinem Vater den soll er sich
umarbeiten lassen. Muttchen hat uns ein
Stückchen Speck und Schinken mitgeschickt.
Ich möchte garnichts davon essen, denn ich
weiß ja mein Spatz hat auch nichts. Ach Spatz,
wenn Du doch hier sein könntest. - Doch
nun will ich Dir noch eine große Neuigkeit

schreiben. Weißt Du von wem ich heute
Post bekommen habe? Von Hilde Giller.
Da staunst Du, was. Ja ich habe auch ge-
staunt. Sie ist jetzt in Ellrenforst /O/S
Krs. Kosel. Kennst Du das auch? Also sind
sie doch noch gut aus Frankreich rausgekommen.
Sie schreibt nicht viel, nur das sie im Nov. -
bei ihrem Verlobten war und im Juli od.
August ein Kind erwartet. Am 6. Januar
heiratet sie. Morgen will ich mal schreiben
denn sie weiß ja noch garnicht was wir eigent-
liche haben. Ein Junge oder ein Mädel. -
Auch von Käte habe ich eine Karte be-
kommen, sie hat immer noch keine Nach-
richt von ihrem Mann. - Doch jetzt will ich
schlafengehen. Deine Eltern müssen auch
gleich kommen, sie sind bei Sterns. Herr Stern
ist Leutnant geworden und muß nun wieder
zurück nach Libau. - Nimm nun für heute
viele herzlichen Grüße und tausend Küsse
von Deinem immer an Dich denkenden
glücklichen Pummelchen.
Viele Küsschen von Deinem kleinen Sohn.

© Horst Decker


   


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