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Brief von Ehefrau in Werneuchen an Luftwaffenleutnant in Grottkau

Werneuchen, d. 25.X.1944


Mein über alles geliebtes Spätzchen!
Gestern konnte ich Dir nun leider nicht mehr
schreiben, aber das hole ich heute am Hoch-
zeitstag nach. Ja mein Spatz, heute sind wir
nun ein ganzes Jahr verheiratet. Und ich
bin ja einfach sprachlos und weiß garnicht
wie ich es Dir danken soll. 20 Rosen hast Du
mir geschenkt und einen so schönen Brief.
Die Rosen sind schön wie im Märchen
immerzu möchte ich sie mir ansehen.
So unendlich lieb hast Du mich mein Spatz?
Und ich bin so glücklich. Schade das Du die
Rosen nicht sehen kannst, aber eine davon
will ich Dir schicken. Ein richtiger Braut-
strauß ist es. Heute früh, ich lag noch
mit Hartmut im Bett, da kam Hildchen
und gab mir Deinen Brief und einen
großen Winterasternstrauß. Deine Rosen
kamen ja erst am Nachmittag, es ging
nicht früher, aber ich habe mich so sehr
dazu gefreut. Sie müßten nie verwelken

Es sieht aus wie im Film, ich habe sie in
die große Vase gestellt. Du weißt doch, die
von Stolses. Ach Spätzchen, wenn Du jetzt
bei mir sein könntest, ich weiß nicht was
ich mit Dir machen würde. Doch würde ich
sehr sehr lieb zu Dir sein, Du bist doch mein
ein und alles. Warum muß nur der Krieg
so lange dauern, wenn wir doch erst immer
zusammen sein könnten. Ich glaube, nein
ich weiß es, in unserem Heim gibt es
niemals Zank und Streit. Wo so viel
Liebe ist hat ja auch garnichts anderes
Platz.Ach mein Spatz, wenn Du wüßtest wie
sehr ich mich darauf freue. Endlich für
meinen Spatz und für unseren kleinen
Hartmut sorgen zu können. Ja mein
Spatz, wir sind so reich das wir einen kleinen
Jungen haben. Aber was wird uns die Zu-
kunft bringen? Doch wir wollen an den
Sieg glauben so wie an unserer Liebe, es
darf ja nicht anders sein. Wenn ich auch
manchmal eine ganz furchtbare Angst

habe. Dann ist niemand hier der mich tröstet.
Ach Spatz, komm doch zu Deinem Pummelchen
nur eine Stunde. - Hab auch vielen herzlichen
Dank für Deine lieben Briefe vom 21. und
22. die ich heute bekommen habe. Der
Herrenabend muß ja ganz schön gewesen sein,
aber ich hatte heute auch schönes Essen. Kotlett
mit gemischtes Gemüse und Pudding. Hat
auch prima geschmeckt. Zum Kaffee hat
mir Muttchen eine Kirschtorte gebacken,
dazu gab es natürlich Bohnenkaffee. Mein
armes Spätzchen hat nichts davon abbekommen.
Was wirst Du wohl heute so gemacht haben?
Immer mußte ich an Dich denken. Vor
einem Jahr um diese Zeit, es ist jetzt
21:30 Uhr, da haben wir bestimmt schon
ans schlafengehen gedacht, stimmts? Ich
habe noch nie daran gezweifelt, ich habe
wirklich einen Mustergatten. Aber ist er
glücklich dabei? ich glaube ja. - Wie geht
es Dir denn sonst mein Spätzchen? Ich
denke doch gut. Uns geht es auch noch

gut, wir sind gesund und das ist ja die
Hauptsache. Ja, Papa mußte sich auch zum
Volkssturm melden, er ist ja erst 59. -
Heute ist nun endlich Herr Rattunde auf
Urlaub gekommen, aber nur bis Sonnabend.
Es ist wohl eine Dienstreise. Findest Du nicht
mal einen Grund, Du bist doch sonst so er-
finderisch. Es kommen doch immer noch so
viele. Denk mal an, heute Nacht haben
unbekannte Täter Rattundes die ganzen
Puten (8 Stück) und Kanienchen (7 Stück)
gestohlen. Gleich an Ort und Stelle ge-
schlachtet und die Kanienchen sogar noch
ausgenommen. Ist das nicht eine große
Gemeinheit. Frau Lieschen hat es natürlich
gleich angezeigt und es kam ein Spürhund.
Bis Amselhain hat er die Spur verfolgt
dann hat er sie verloren. Ich sage schon
zu Muttchen, man muß sich das Vieh
direkt in die Wohnung sperren. Soweit
kommt es auch noch. Wer weiß wann wir
dran sind. - Ich bin schon wieder so müde.

Heute bin ich ja mal spät aufgestanden,
es war schon 8 Uhr. Dann hatte ich große
Wäsche. Hartmut ist es gleich ob ich Hoch-
zeitstag habe oder nicht, er macht doch
seine Windeln voll. Heute früh im Bett
hat er sich so genau Deinen Brief an-
gesehen als wenn er schon etwas davon
versteht. Er ist doch wirklich niedlich.
Es ist ja auch mein kleiner Süßer. -
So mein Spatz, dann werde ich mal
schlafen gehen, leider allein. Und ich
möchte doch so gerne wieder einmal
so schön schmusen. Weißt Du noch
mein Spatz wie schön es immer war?
Doch die Erinnerung ist so schön das
wir es auch noch länger aushalten.
6 Wochen sind es jetzt her, und wie
viele werden es noch? Wenn wir das
wüßten. Jetzt noch einen langen Blick
auf Deine Rosen und dann aber ins
Bett. - Nimm nun für heute tau-
send süße Küsse und herzliche
Grüße von Deinem sich so nach

Dir sehnenden glücklichen
Pummelchen.
tausend Küsschen von Hartmut.

© Horst Decker


     


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