Briefkonvolut Kreuter, Tod, Bombenschaden Gießen

geschrieben 22. Januar 1945 von befreundeter Familie aus Gießen. Der Brief wurde nach Dorf-Güll geschrieben, wo die Familie Kreuter nach Bombardierung der Gießener Niederlassung Unterkunft gefunden hatte.

(Nachlass 'Josef Kreuter, Farben- und Stempelfabrikant, Frankfurter Str. 131, Gießen')


            Gießen, Bismarckstr. 46, 18. Jan. 1945
            (abgeschickt 22.1.1945)

Meine liebe Erna!

Heute Deine lb. Zeilen mit dem Geden-
ken für m. gel. Fritz. Ja es war ein schwerer
Tag besonders wo einem d. Terror auch
die letzte Erinnerung an unser gelieb-
tes schönes Heim nahm. Meinen vielen
herzlichen Dank für Euer lb. Gedenken.
Wie anders war auch dieser Tag sonst.
Meine Vorderräume sind unbewohnbar.
Wir wohnen in d. kl. Büro b. Fritz was Herr
Kessler hatte wohnen schlafen essen als
grausig 'wie die Zigeuner'. Überall
Schaden u. Mängel auch keine ...
im Treppenhaus alles offen b.d. Kälte!
Ich bin sehr elend gehe in keinen Dienst
... Auguste will auch verlassen weil sie sich
m.m. Schw. Marie nicht verträgt. Die total aus-
gebrannt b. mir ist. Ich habe nun einen
Mieter bin sehr unglücklich weil ich nicht weiss
was wird. ... sind seit 4.12 avisiert aber
bis heute nicht da hoffentlich kommen sie noch.
Tut mir für Euch auch leid, wo habe ich Eure Möbel

hingeschafft? Meine sollen seit Wochen
nach Steinberg, aber keiner holt sie
wo kein Mann ist fehlt es überall.
Ich sehe so schwer für uns um die Zu-
kunft alles war so schön u. nun
alles weg, vielleicht ... man mich
ein Stück weit eingeholt hier.
Ach Erna, wie schwer ist das Leben wann
sieht man sich mal wieder? Für Josef
auch sehr anstrengend, bleibt Íhr nun
ganz in Dorf Güll oder war b. Euch was gerichtet?
Allen viele liebe ... Grüsse ach d.l. Leuten
besonders Dir Josef und Rena v. Deiner .. Anne.

© Horst Decker