profilm.de Zeitzeugenberichte Zusammenfassung

Brief eines Luftwaffensoldaten an ein ihm unbekanntes
berliner Fräulein

                      27. März 1942
Liebe Klara!
    Für Ihre Zeilen vom 15.III.
danke ich Ihnen vielmals. be=
sonders danke ich Ihnen aber
für das Bild. nun weiß ich
wenigstens wie Sie aussehen.
Ich kann mich allerdings zur
Zeit noch nicht revanchieren, aber
aufgehoben ist nicht aufgescho=
ben. Hier in Rußland habe ich
nämlich keine Bilder mitge=
nommen. Zu allem Unglück
habe ich nun auch keinen Photo=
apparat mehr. Von Frankreich,
Holland, Belgien habe ich zu
Hause eine Menge Bilder, aber

mit der UdSSR sieht es sehr
schlecht aus, da habe ich noch
kein einziges Bild. Na, das ist
ja auch nicht das Wichtigste,
die Eindrücke haben sich ge=
wissermaßen in uns selbst ge=
prägt. Von hier werde ich Ihnen
wohl wenig, oder vielmehr nichts
erzählen brauchen, so langsam
wird es sich wohl auch bei euch
herumgesprochen haben. Also
unterhalten wir uns über
all das, was ich hier nicht habe.
   Nach dem Alter fragt man
nicht!! Wenn ich ehrlich sein
soll, Ihr Brieflein kam mir
etwas 'reif' vor. Haben Sie wie
Sie 15 Jahre alt waren nicht

anders geschrieben? Ich denke
über viele Sachen anders, wie
vor einigen Jahren. Das ist
eigentlich der wahre Grund
meiner Frage, ich verhalte mich
aber ganz diskret!!-
   Ob ich ein Instrument spiele.
Ja. Nebenbei gesagt, ich bin sehr
vielseitig, aber darum nicht voll=
kommen in jeder Sache, was ja
auch nicht geht, nicht wahr?
Zur Zeit spiele ich hauptsächlich
Schifferklavier und Violine, neben=
bei spiele ich noch Klavier, Man=
doline und Hawaii-Gitarre. Das
ist fast nicht glaubwürdig, aber
bei Gelegenheit können Sie ruhig
eine 'Probe aufs Exempel' mit
mir machen. Das ich von Ber=

ruf Kaufmann bin, hatte ich
Ihnen wohl schon geschrieben.
Ich habe in einem größeren
Gemischwarengeschäft gelernt.
Mit was man sich da alles
beschäftigt, wissen Sie wohl
auch. Mein jetziges Arbeits=
gebiet als Funker beim Jagdge=
schwader Mölders, ist ja nun
wieder ganz anders, auch sehr
interesssant und abwechselungs=
reich. Das steigert sich noch mehr,
wenn hier wieder der Schlachten=
lärm in alter Frische beginnt.
   Nun wieder Schluß für
heute. Es grüßt Sie vielmals
            Ihr
            Uli Steffen

     


© Horst Decker