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Brief von der slowakisch-ungarischen Grenze bei Sered an Ehefrau in Frankfurt/Main, geschrieben am 18. Oktober 1944

Die Truppe, der Dr. Schneider angehört, hat sich wegen den anrückenden englischen Truppen aus der französischen Somme-Region zurückgezogen und ist nun in der Grenzregion Slowakei-Ungarn stationiert, wo die Truppe in Sered neu aufgestellt wird.
Dr. Schneider erzählt in diesem Brief von einem festlichen Essen bei der örtlichen Tierarztfamilie


O.U. d. 18. 10.44

Meine liebe, gute Frau!
Na, zunächst krieg mal keine Angst
wegen der allzu großzügigen Über-
-schrift, denn wenn ich auch wieder
mal (das scheint jetzt bei mir das
Normale zu werden) von einer netten
Geselligkeit kommen, so bin ich doch
eigentlich durchaus nicht beräuschelt,
selbst wenn es man im allgemeinen
zu sein pflegt, sobald man ähnliches
wie ich da eben von mir behaupte.
Doch laß mich erzählen:
Heute morgen - sicherlich früh - hatte
ich mich auf meinen Rappen gesetzt
und hatte die Batterien abgeklappert.
Ich hatte währenddessen die große Ehre,
meinen Regimentsveterinär verabschieden

zu dürfen. Er ist zur SS versetzt.
Ich armer Pinsel darf nun seine
Arbeit zusätzlich übernehmen. Ich den-
-ke aber, nicht allzulange; denn die-
sen dummen Jungen für andere sol-
len lieber andere spielen. Dazu
bin ich mir nun doch schon zu gut.
Ich bin fast gespannt, wie sich da
unser lieber und hochverehrter (?)
Herr Divisionsveterinär bei dieser ent-
scheidenden Maßnahme anstellt.
Wahrscheinluich ziemlich albern d.h.
das wäre halt das Normale.
Na, nach diesen ketzerischen Bemerkun-
gen kann ich von dem Pferdeapell
erzählen, bei dem ich allerlei Kummer
hatte.
Ich saß gerade danach beim Essen,
da kam der Herr Major angerauscht

und lud mich zur Jagd auf den
Wagen. Na, ich fuhr mit, konnte
bei den bekannten Bauern gut
essen und ging dann mit zu
Jagd. 2 Hasen, es war ein Trauer-
spiel, war die ganze Ausbeute. We-
-nigsten hatte ich einen davon ge-
-schossen.
Du siehst, zum Leben versorgen wir
uns schon das Notwendige.
Anschließend waren wir zu einem
pfundigen Nachtmahl eingeladen. Bis
jetzt - d.h. eine Viertelstunde brauch-
-ten wir zur Heimfahrt - haben
wir dort in netter Unterhaltung ge-
tagt, d.h. es ist eben 1 h.
Ein Ostmärker brachte dort das Le-
-ben in die Bude. Na, und ich half
tapfer mit, das kannst Du Dir viel-
-leicht vorstellen. Nach Überklimmen

etlicher Hemmungen bin ich in Ge-
-sellschaft ja ganz brauchbar.
Frauchen, liebste Margot, glaub mir,
selbst in der ausgelassensten Minute
bin ich dabei - mit Dir.
Es ist wirklich eigentümlich und
doch wieder selbstverständlich, daß einen
das Frauchen überhaupt nicht aus
dem Sinn geht. Anders will man es
ja aber auch gar nicht. Im Gegenteile,
anders fühlte man sich haltlos und
verlassen.
Drum laß Dich auch heute dank-
-bar umfassen, mich ganz in Dich ver-
kriechen, Dich unendlich oft küssen.
Stets wollen wir eins sein und so
bin ich halt mit den herzlichsten
Grüßen
Dein Wolf

© Horst Decker





     




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